Zeugen cleopha´s - Walters Kolumne am samstag
von Walter Holtfoth - Kolumne am Samstag
manchmal sinnig manchmal nicht !
Rockige Ostern – true Story für die Zeugen Cleopha´s
Es gibt sie schon lange, diese Tradition, dass ich es an Ostern gerne so richtig krachen lasse. Wenn ich ehrlich zu mir bin, dann geht das auf eine wahre Begebenheit aus dem Jahre 1971 zurück.
Damals lebten wir ziemlich beengt in einem kleinen Dorf bei Lahr, dass mit S anfängt und ulz endet. Beengt auch deshalb weil die Oma den kompletten zweiten Stock bewohnte und wir beiden Brüder noch ein Zimmer miteinander teilen mussten.
Und wir beiden waren schon damals, mitten in der Phase des Heranwachsens ordentlich halbstark unterwegs. Wir hörten beide Rockmusik und das gemeinsame Zimmer hatte zumindest den Vorteil, dass der alte Dual Plattenspieler im selben stand und die jeweiligen LP – Sammlungen mehr oder weniger sortiert, aber säuberlich getrennt links und rechts daneben standen. Das einzige Problem aber auch das einzig richtige Problem, ergab sich immer dann, wenn es zu klären bedurfte, wer denn jetzt seine Musik hören darf und wer zurückstecken musste. Kopfhörer Fehlanzeige.
Deep Purple oder Titanic ?
Hinzu kam noch die alltägliche Frage, welche Band, welche Musik die einzig Gute und somit bessere war. Diese Einführung erklärt die Vorgänge am legendären Ostersonntag 1971 der Walter war 15 und deutlich der Ältere, aber der kleine Bruder mit 13 hatte damals auch, im nachhinein betrachtet, ordentlichen Musikgeschmack.
Ostersonntag früh morgens ging es los. Nein wir hatten nicht diskutiert, es war klar, ich wollte Deep Purple in Rock hören. Jürgen war ein paar Sekunden früher wach und hatte schon das neue Titanic Album in der Hand. Innerhalb Sekunden waren wir hitzig dabei unsere überzeugten Meinungen auszutauschen. Speed King oder Sultana, dass waren die Kernthemen unserer Auseinandersetzung und natürlich die Frage wer denn nun zuerst hören durfte.
Als die Osterhasen fliegen lernten
Wir beide waren alles andere als zimperlich bei der Wahl unserer Mittel und so flogen bald nicht nur die Fetzen sondern auch zwei Riesen Osterhasen durch die Zimmertür. Wir hatten vor lauter Deep Purple und Titanic vergessen, dass Ostern war und der Sonntag unserem Vater heilig. Von wegen ausschlafen und in aller Ruhe genießen.
Während die beiden Osterhasen am Heizkörper zerbröselten ging es unserem Vater um die endgültige Lösung unseres Problems. Kurzerhand war der Dual Plattenspieler in gefühlt 1000 Teilen an der Wand gelandet, gefolgt von allen Langspielplatten. Ostern hat also schon lange gerockt. Nicht nur in den Festhallen und Diskotheken. Ich muss dem Moment dankbar sein, denn kurz darauf hatte ich unterm Dach das Mansardenzimmer bewohnbar gemacht.
Mein erstes eigenes Zimmer und wenn es erzählen könnte
Dieses war fortan mein Reich, mit eigenem Plattenspieler. Dort war dann auch der Platz für den ersten Kuss, den ersten Rausch, den ersten Joint. Dort haben wir Bananenschalen auf dem Dach getrocknet, weil irgendwer erzählte, dass sie auch geraucht werden könnten. Dort haben wir auch Dieter Fleigs Freies Radio Sulz, den besten Piratensender der Welt gehört und es ging auch in Sachen Liebe so richtig …
......na ja, dass erzähle ich dann in einer anderen Geschichte. Frohe Ostern !