Der Schnuller war schuld am Beginn Ihrer Kariere
Text & Bilder Walter Holtfoth ( Quelle Lahrer Anzeiger )
Anouk Arendt über ihre Liebe zum Downhill Rennsport
Am Anfang war der Osterhase
Dass der Osterhase einmal prägend für das Leben und die Kariere einer jungen Frau verantwortlich ist, kommt einer Romanvorlage gleich. Er ist es allerdings tatsächlich. Wir treffen Anouk Arendt (16) auf unserer Suche nach Geschichten auf dem Lahrer Gartenschaugelände, am Lahrer See mit Loch, vor dem noch geschlossenen Haus, an einem herrlichen Frühsommertag in dieser Woche.
Gespräch am Gartenschau See
Die 16 - jährige Friesenheimerin will sich fit halten und ist mit Vater Lars zum Konditionstraining nach Lahr gekommen. „Bei diesen Temperaturen macht das Laufen hier richtig Spaß,“ So die Realschülerin gegenüber dem Mitarbeiter des Lahrer Anzeigers. Die Leichtathletik ist es allerdings nicht, wie vermutet werden könnte, die den Ehrgeiz hervorruft, Anouk Arendt hat sich voll und ganz dem Radsport verschrieben und ist auf dem besten Weg, in einer besonderen Sparte dort in eine große Rolle hineinzuwachsen.
War sie lange in der Sportart des Cross Country, früher Querfeldein, unterwegs, widmet sie sich heute mit vollem Einsatz dem herunterrasen von kompliziert angelegten Wald - Rennstrecken des Downhillfahrens. Im Besten Sinne des Wortes gilt es einen Berg in Bestzeit herunter zu fahren. Angefangen hat die Leidenschaft für das Sportgerät im Zarten Alter von zweieinhalb Jahren. „Schuld an allem war der Osterhase und mein Schnuller,“ wie sie lachend gesteht. Die Geschichte ist erzählenswert, denn die eigentliche Ursache, der damals geliebte Schnuller, bestimmte tatsächlich den Lebensweg des Mädchens.
Der Schnuller
Anouks Eltern, Silke und Lars, wandten eine List an, um ihrer Tochter, die geliebte Lutschhilfe auszureden. In der Osterzeit bringt der Osterhase auf Wunsch der Tochter tatsächlich ein Fahrrad als Geschenk nach Friesenheim. Anouk fühlt sich längst groß genug um das Laufrad, auf dem sie die Friesenheimer Wege unsicher machte, gegen ein echtes Rad auszutauschen. „Der Osterhase hat aber gesagt, das geht nur wenn Du keinen Schnuller mehr brauchst!“ Die Tochter ist an diesem Ostersonntag tapfer ohne unterwegs. Am nächsten Morgen allerdings findet Mama Silke das gewohnte Bild im Kinderzimmer: Anouk schlummert mit dem geliebten Schnuller tief und fest. Nun ist allerdings der Moment für die erste wirkliche Entscheidung im Leben der Kleinen Anouk. Will sie das Rad behalten oder gibt sie es dem Osterhasen wieder zurück. Letztendlich rührt sie nie wieder einen Schnuller an und so beginnt eine lange Reise bis hinein in den Spitzensport.
Als Anouk 8 Jahre alt ist, wird das Kinderfahrrad gegen ein richtiges, renntaugliches Bike eingetauscht. Immer unterstützt von den Eltern, „sie soll immer das machen können wovon sie träumt und was ihr leidenschaftlich Spaß macht, damit sie in ihrer Zukunft diese Erlebnisse und Erfahrungen an ihre Kinder weitergeben kann,“ so in kurzen Worten die Philosophie im Hause Arendt. Der Querfeldein Radsport wird in der Kindheit bis zur frühen Jugend ihre Leidenschaft. „Cross Country“ taucht sie auf und nimmt an vielen Rennen teil. Dort allerdings fährt sie lange Zeit nur mit, „mehr im hinteren Bereich,“ sagt sie. Wertvoll ist diese Zeit dennoch. Nach acht Jahren harter Schleiferei im Training hat sie die Nase voll vom ehrgeizigen Wettbewerb in der Szene, in der auch viel Hauen und Stechen vorherrscht. Als sie beobachtet, dass mit Kraftgels nachgeholfen wird dem Körper das Bestmögliche abzuverlangen, wechselt sie das Lager und fährt ab sofort den Berg hinunter.
Bungee - Sprung ? kein Problem
Es gibt Videos von Anouk, die sie bei rasanten Fahrten zeigen, bei denen es dem Betrachter richtig schwindlig wird. „Ja Klar!“ Diese Antwort kam von ihr wie aus der Pistole geschossen auf die Frage, ob sie denn auch eine Staumauer mit dem Bungee Seil herunterspringen würde. Diese Furchtlosigkeit braucht es auch, um in diesem Sport ganz vorne mitzufahren. Sehr wohl und aufgehoben fühlt sie sich im Kreise ihrer Konkurrenten, die sich eher wie eine große Familie sehen denn als Wettbewerber. „Sie ziehen mich auch bei großen Sprüngen einfach mit.“ Damit ist gemeint, dass ein erfahrener Biker voraus fährt und es für die nachfolgende Anouk leichter ist hohe Sprünge im Gelände bis zu 10 Meter Distanz und mehr zu erreichen. Im BSS Devo Team in Sasbachwalden ist seither auch ihre sportliche Heimat. Dort wird sie mit dem Ziel nationale und internationale Wettbewerbe gefördert und gefordert zugleich. „Es ist schon toll in so einem Rennstall zuhause zu sein, früher musste Papa immer an der Strecke reparieren, heute stellt das Devo Team den Techniker.“ Es ist also wie im großen Rennsport. Private Ziele gibt es auch und die zeigen auf, dass die 16jährige durchaus mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Jetzt steht nach der mittleren Reife in diesem Jahr als nächstes das Abitur auf dem Plan. Lehrerin will sie werden und auf Lehramt studieren. Angesprochen auf die Freundschaft zum mit dem Motorrad verunglückten Mirko Dieterle (wir berichteten,) erzählt sie mit einem verschmitzten Lächeln: „Wir haben Zukunftspläne.“ Stolz und dankbar ist sie ihren Eltern, die ihr alles ermöglichen und auf ihre jüngeren Brüder Maël (11) und Tjorven (12) die beide inzwischen auch das Radrennfieber gepackt hat. Weil schon allein die Grundausrüstung im fünfstelligen Bereich liegen, sind es vor allem Sponsoren die die radsportverrückte Familie tragen.